Pflege von Menschen mit Demenz

Die häusliche Pflege von Menschen mit Demenz ist mit vielen Herausforderungen verbunden. In diesem Beitrag erfahren pflegende Angehörige, was bei der Pflege von Menschen mit Demenz helfen kann und welche Möglichkeiten es zur Unterstützung gibt.


Auf einen Blick

Die Pflege von Menschen mit Demenz stellt Angehörige vor viele Herausforderungen.

Im Verlauf der Erkrankung wird es immer wichtiger, sich in die Gefühle der Person mit Demenz hineinzuversetzen. Das kann die Kommunikation erleichtern.

Bei Schwierigkeiten und Problemen reagieren Menschen mit Demenz häufig mit herausforderndem und aggressivem Verhalten. Verschiedene Strategien helfen, solche Situationen zu entschärfen.

Im Alltag sind Bewegung, Struktur und eine sichere Umgebung für Menschen mit Demenz hilfreich.

Bei Fragen gibt es viele Anlaufstellen mit kostenloser Beratung.

Es ist ratsam, frühzeitig eine Vorsorgevollmacht sowie eine Betreuungs- und Patientenverfügung zu erstellen.


Was ist Demenz und was bedeutet das für pflegende Angehörige?

Bei einer Demenz nehmen Gedächtnisleistung, Konzentration und Lernfähigkeit eines Menschen ab. Grund dafür sind Veränderungen im Gehirn. Für Menschen mit Demenz wird es zunehmend schwierig, den Alltag allein zu bewältigen.

In Deutschland werden etwa zwei Drittel der Menschen mit Demenz von Angehörigen zu Hause gepflegt. Für die Angehörigen ist die Pflege häufig eine große Herausforderung. Dazu gehören Kommunikationsprobleme, aggressives Verhalten sowie nächtliche Unruhe und „Wandern“.

Mit Unterstützung ist die Betreuung und Pflege eines Menschen mit Demenz leichter zu bewältigen. Rat, Hilfe und Beistand finden pflegende Angehörige bei Beratungsstellen, Selbsthilfevereinen und lokalen Netzwerken.


Umgang und Perspektivwechsel

Was kann den Umgang mit Menschen mit Demenz erleichtern?

Je weiter eine Demenz fortschreitet, desto schwieriger ist es, gut in Kontakt mit der Person zu bleiben. Ab einem gewissen Punkt ist es nicht mehr möglich, wie gewohnt über Erinnerungen und Erlebnisse zu sprechen.

Es wird daher zunehmend wichtig, den Menschen mit Demenz weniger als denkendes, sondern mehr als fühlendes und soziales Wesen zu verstehen: Auch wenn planvolles Handeln und Denken für Menschen mit Demenz immer weniger möglich ist, so bleibt doch das Gefühl und der Wunsch, Sinnvolles zu tun und dazuzugehören.

In vielen Fällen sind die Äußerungen und Verhaltensweisen am besten aus der Lebensgeschichte der Betroffenen heraus zu erklären. Es ist zudem wichtig, den Menschen mit Demenz trotz der Einschränkungen als gleichberechtigtes Gegenüber anzuerkennen und zu behandeln.

Perspektivwechsel: sich in die Person hineinversetzen

Um Menschen mit Demenz zu verstehen, kann es auch helfen ihre Perspektive einzunehmen. Dies kann die Verständigung verbessern. Es hilft außerdem dabei, die notwendige Geduld aufzubringen. Diese kann manchmal im Alltag verloren gehen.

Stellen Sie sich für einen Perspektivwechsel folgende Fragen:

  • Was würde ich tun, wenn ich in dieser Lage wäre (und mich beispielsweise nicht allein anziehen könnte)?
  • Wie würde ich mich fühlen, wenn ich in dieser Lage wäre (und zum Beispiel nicht mehr wüsste, wer mein Gegenüber ist)?
  • Was würde mich freuen, wenn ich in dieser Lage wäre (und zum Beispiel bei Gesprächen immer wieder den Faden verlieren würde)?

Kinder und Jugendliche

Auch Kinder und Jugendliche merken, wenn ein Familienmitglied an Demenz erkrankt.

Das Spiel Was hat Oma und die Website Alzheimer & YOU der Deutschen Alzheimer Gesellschaft erklären altersgerecht, warum sich das Familienmitglied auf einmal anders verhält und was Kinder und Jugendliche tun können.


Gedächtnis und Verständnis

Wie können Angehörige mit der Beeinträchtigung von Gedächtnis und Denken umgehen?

Für Menschen mit Demenz geht der Verlust des Gedächtnisses zu Beginn der Erkrankung oft mit Scham und Rückzug einher. Je mehr das Gedächtnis nachlässt, desto schwieriger wird es für sie auch, sich in der Welt zu orientieren.

Je mehr das Gedächtnis nachlässt, desto schwieriger wird es für Menschen mit Demenz, sich in der Welt zu orientieren.

Bei Gedächtnisproblemen können pflegenden Angehörigen die folgenden Strategien helfen:

  • Missgeschicke und Verwechslungen sind normal. Verzichten Sie daher darauf, die Person zu korrigieren.
  • Es hilft nicht, das Gedächtnis durch Abfragen zu trainieren.
  • Nehmen Sie Gedächtnisprobleme nicht persönlich, etwa wenn die pflegebedürftige Person Ihren Namen vergisst.
  • Nehmen Sie Beschuldigungen nicht persönlich. Die pflegebedürftige Person meint nicht Sie, sondern ist oft selbst verzweifelt.
  • Notizen oder Hinweise im Haushalt können zu Beginn der Erkrankung das Gedächtnis stützen.
  • Strukturieren Sie die Umgebung und den Tagesablauf.
  • Schauen Sie sich gemeinsam alte Fotos an und halten Sie Erinnerungen möglichst lange lebendig.

Wenn Betroffene einen Sachverhalt nicht verstehen, können folgende Gedanken und Empfehlungen helfen:

  • Verzichten Sie auf logische Argumentationen.
  • Geben Sie der Person recht oder lenken Sie vom Thema ab.
  • Erwarten Sie keine Erklärungen, Rechtfertigungen oder Entschuldigungen.
  • Falls etwas Bestimmtes Schwierigkeiten oder Angst macht, versuchen Sie herauszufinden, was es ist, um es zu beseitigen.
  • Versuchen Sie, zu beruhigen. Sie könnten sagen, dass Sie da sind und aufpassen, oder die Hand halten.
  • Auf diese Art und Weise auf Gedächtnis- und Verständnisprobleme zu reagieren, kann den Umgang miteinander erleichtern.


Aggression

Was können Sie bei Aggression und Gewalt tun?

Manchmal scheint es, als würden sich Menschen mit einer Demenz wie aus dem Nichts aggressiv oder gewalttätig verhalten. Die Fachwelt spricht in solchen Fällen von „herausforderndem Verhalten”, da es meistens Gründe für die Aggressionen gibt, Menschen mit Demenz aber nicht mehr in der Lage sind, diese in Worte zu fassen.

Wenn es in Ihrem Pflegealltag zu solch einem Verhalten gekommen ist, denken Sie im Nachhinein noch einmal über die konkrete Situation nach. Manchmal findet sich ein Auslöser für das aggressive Verhalten. War die Stimmung zu aufgeregt oder gestresst? Versuchen Sie, sich in die Person hineinzuversetzen. Was könnte sie wütend gemacht haben? Hat die Person etwas missverstanden? Falls Sie einen Auslöser finden, können Sie beim nächsten Mal darauf achten, ihn zu vermeiden.

Herausforderndes Verhalten tritt auch bei Menschen mit Demenz auf, die vor der Erkrankung ein sehr ruhiges, friedvolles Temperament hatten.

Für viele Angehörige ist das schwierig. Wenn es zu herausforderndem Verhalten kommt, können die folgenden Empfehlungen eine Orientierung bieten:

  • Atmen Sie tief durch. Bleiben Sie möglichst ruhig. Sagen Sie sich, dass Aggression oft Teil der Erkrankung ist.
  • Versuchen Sie, beruhigend auf die Person einzuwirken.
  • Nutzen Sie dazu Dinge, die sie besänftigen könnten, beispielsweise Musik oder einen Duft.
  • Auch Körperkontakt oder Ablenkung können helfen.
  • Halten Sie sich einen Fluchtweg offen.
  • Gehen Sie einer körperlichen Auseinandersetzung aus dem Weg und halten Sie den Menschen nicht fest.
  • Falls die Person gewalttätig wird, verlassen Sie den Raum.
  • Holen Sie im Notfall Hilfe.
  • Sprechen Sie über das Verhalten mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt.


Unruhe und Schlaf

Was können Sie bei Unruhe und Schlafproblemen tun?

Wenn die Erkrankung weiter fortgeschritten ist, kommt es bei Menschen mit Demenz häufig zu Unruhe und einem starken Bewegungsdrang. Oft hilft es, viel Bewegung zuzulassen. Bei stärkerer Unruhe kann gemeinsam nach einer Ursache gesucht werden. Fühlt sich die Person körperlich nicht wohl? Hat er oder sie vielleicht Hunger oder Durst? Auch eine gemeinsame Aktivität oder ein Ortswechsel können Unruhe lindern. Vermitteln Sie Sicherheit und Geborgenheit.

Probleme ein- oder durchzuschlafen

Der Schlaf ist bei einer Demenz häufig beeinträchtigt. Falls Menschen mit Demenz nachts häufiger aufwachen, kann es helfen, den Schlaf am Tag zu begrenzen und für ausreichend Bewegung zu sorgen. Auch Rituale sind wichtig, beispielsweise ein Tee zur Schlafenszeit. Falls die Person etwas Bestimmtes am Schlafen hindert, können Sie den Störfaktor vielleicht finden und beseitigen.

Bei nächtlichem „Wandern” ist an erster Stelle wichtig, dass an Demenz erkrankte Menschen sich nicht verletzen oder verlaufen. Daher sollten Treppen, Fenster und Herde gesichert und Wohnungstüren verschlossen sein. Wenn für Sicherheit gesorgt ist, können Sie beruhigt weiterschlafen.

Wichtig zu wissen: Bestimmte Medikamente können sich auf den Schlaf auswirken. Fragen Sie bei der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt nach. Greifen Sie aber nicht ohne ärztliche Rücksprache zu Beruhigungs- und Schlafmitteln. Auch frei verkäufliche Medikamente können zu Neben- und Wechselwirkungen führen und sollten nur auf ärztliche Empfehlung hin gegeben werden.


Alltag und Wohnumfeld

Wie können Sie den Alltag und die Wohnumgebung für Menschen mit Demenz gestalten?

Da das Kurzzeitgedächtnis im Lauf der Erkrankung immer mehr nachlässt, kann Neues immer schlechter verarbeitet werden. Daher ist es wichtig, Menschen mit Demenz Zeit zu lassen und Verlässlichkeit zu schaffen. Abläufe und Strukturen, die sich bewährt haben, sollten so beibehalten werden. Falls Änderungen notwendig sind, versuchen Sie diese langsam einzuführen.

Abläufe und Strukturen, die sich bewährt haben, sollten beibehalten werden. Falls Änderungen notwendig sind, versuchen Sie diese langsam einzuführen.

Versuchen Sie außerdem, sich auf vorhandene Fähigkeiten zu konzentrieren.

Menschen mit Demenz wollen gern gemeinsam etwas tun. Auch wenn das Denken zunehmend schwierig wird, können sie sich häufig noch an alte Lieder erinnern, malen und vieles mehr. Hobbys und geliebte Aktivitäten sind wichtig.

Lassen Sie nicht zu, dass die pflegebedürftige Person sich ganz ins Bett zurückzieht. Versuchen Sie sie mit einzubeziehen, beispielsweise beim Kochen oder Tischdecken. Auch gemeinsame Aktivitäten wie Essen, Spaziergänge oder Ausflüge können helfen. Besonders wichtig für Menschen mit Demenz sind feste Zeiten für Essen, Ruhe und Beschäftigung sowie das Zubettgehen.

Das Wohnumfeld passend einrichten

Das Zuhause eines Menschen mit Demenz sollte übersichtlich gestaltet und gut beleuchtet sein. Optimal ist es, wenn Möbel und Erinnerungsstücke an ihrem gewohnten Platz sind und bleiben. Letztere haben einen besonderen Stellenwert, da sie in der Regel ein Gefühl von Sicherheit geben.

Statt aufregender Muster und greller Farben sollten Reize reduziert werden. Es hilft jedoch, wenn wichtige Dinge sich von der Umgebung abheben. Kontraste sind beispielsweise bei der Toilette, bei Lichtschaltern, Geländern, Türrahmen oder Stufen von Vorteil. Räume können auch gekennzeichnet werden – beispielsweise mit dem Bild eines Bettes an der Schlafzimmertür.

Für Sicherheit sorgen

Treppen, Fenster und Herde sollten gesichert und Wohnungstüren verschlossen sein. Die Wassertemperatur sollte auf maximal 40 Grad begrenzt werden. Türen wie die Badezimmertür sollte man auch von außen aufschließen können, falls eine pflegebedürftige Person sich eingeschlossen hat und die Tür von innen nicht mehr öffnen kann.


Beratung und Entlastung

Wo können pflegende Angehörige Beratung und Hilfe finden?

Pflegende Angehörige können bei der Pflege von Menschen mit Demenz an ihre Grenzen stoßen. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig zu Hilfs- und Unterstützungsangeboten beraten zu lassen.

Beratung und Information zu Demenz

Das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. berät bei allen Fragen rund um das Thema Demenz.


Telefon: 030 259 37 95 14 Der Wegweiser Demenz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist eine spezielle Informations- und Austauschplattform für pflegende Angehörige.

Beratung zur Pflege

Pflegestützpunkte und Pflegeberatungsstellen informieren kostenlos, umfangreich und unabhängig rund um das Thema Pflege von Menschen mit Demenz. Sie beraten außerdem zu praktischer Unterstützung durch Leistungen der Pflegeversicherung wie beispielsweise Pflegedienste, Tages- und Nachtpflege, Verhinderungspflege.

In der Beratungsdatenbank des Zentrums Qualität in der Pflege finden sie den Pflegestützpunkt und Demenzberatungsstellen in Ihrer Nähe.

Das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit berät bei Fragen zur Pflegeversicherung.


Telefon: 030 340 60 66 02

Selbsthilfe- und Angehörigengruppen

In Selbsthilfe- und Angehörigengruppen können Sie sich mit anderen Menschen austauschen, die in einer ähnlichen Situation sind. Das Verständnis füreinander kann entlastend wirken. Hier finden Sie meist schnellen Rat bei praktischen Problemen, Tipps zu professionellen Hilfen vor Ort und andere hilfreiche Empfehlungen.

Eine deutschlandweite Datenbank für Angehörigen- und Selbsthilfegruppen hierzu findet sich bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).

Demenz-Netzwerke

Erkundigen Sie sich, ob Sie sich einer Netzwerkinitiative in Ihrer Umgebung anschließen können.

Beratung bei emotionaler Belastung

Hat die Pflege Sie schon stark beansprucht und leiden Sie unter verschiedenen belastenden Gefühlen? Dann finden Sie beim ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116 117 Rat.

In akuten Krisen rufen Sie bei der TelefonSeelsorge an. Hier werden Sie kostenfrei und rund um die Uhr beraten: unter den Nummern 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222.

Pflegende Kinder und Jugendliche

Auch Kinder und Jugendliche sind oft an der Pflege beteiligt.

Die Website Pausentaste des Bundesfamilienministeriums bietet praktische und psychologische Unterstützung für pflegende Kinder und Jugendliche.

Rechtliche Fragen

Menschen mit Demenz sollten festlegen, wer zu einem späteren Zeitpunkt wichtige Entscheidungen für sie trifft. Dies sollten sie tun, solange sie noch dazu in der Lage sind. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im Beitrag Vorsorge für den Ernstfall.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Referat 524 „Nationales Gesundheitsportal“ (27.04.2021), https://gesund.bund.de/pflege-menschen-mit-demenz (Stand: 11.09.2021)